wurde am 18. April 1876 in Wesel als achtes Kind des Pfarrers Dr. Paul Georg Waldemar Boelitz und seiner Ehefrau Bertha, geb. Holt geboren. Er besuchte das Gymnasium in Wesel und die Universitäten Berlin, Halle und Bonn. Am 10. August 1905 heiratet er die am 9. September 1879 in Elberfeld geborene Else Haas. Deren Ur-Ur-Großmutter war , eine Tochter von Johann Thönges Steup aus Illfurth im Westerwald.
Nach dem Abitur studierte er Theologie und Philosophie in Berlin, Halle (Saale) und Bonn, promovierte zum Dr. phil. und trat anschließend in den höheren Schuldienst ein.
1904 Lehrer an einer Oberrealschule in Bochum
1905 Lehrer am deutschen Realgymnasium in Brüssel
1909 Direktor der deutschen militärberechtigten Realschule in Barcelona
1915 - 1921 Rektor des Archigymnasiums Soest
1919 - 1921 Mitglied der Verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung
1919 - 1932 Preußischer Landtagsabgeordneter der Deutschen Volkspartei
1921 - 1925 preußischer Staatsminister für Wissenschaft in der von Ministerpräsident Otto Braun geführten Landesregierung
1927 Vorsitzender des Bühnenvolksbundes
1927 Besuch von Brasilien, Argentinien und Chile
1933 Reise nach Mittelamerika. Direktor des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin, das er 1928 als wissenschaftliches Institut begründete (Bibliothek mit 125 000 Bänden).
1933 Nach der Machtergreifung Hitlers legte er das Amt nieder.
1933 -1945 ohne Tätigkeit.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs war er Mitbegründer der Zeitung „Westfalenpost" und zusammen mit einer der Mitbegründer der CDU in Westfalen. Zahlreiche Veröffentlichungen philosophischer, pädagogischer und politischer Art sind von ihm erschienen, und er ist Ehrenmitglied in- und ausländischer Gesellschaften und Fakultäten. Inhaber der Goethe Medaille 1932.
Otto Boelitz starb am 29. Dezember 1951 in einem Düsseldorfer Krankenhaus im Alter von 75 Jahren. Über sein Ableben brachte die „Westfalenpost" in Nr. 304 ihrer Ausgabe vom 31. Dezember 1951 den folgenden Nachruf, der als Sonderdruck erschien:
„Dr. Otto Boelitz
Nur zu oft hat eine politische Tageszeitung die Aufgabe, den Tod verdienstvoller Persönlichkeiten zu melden und den Lebenden ein Bild dessen zu zeichnen, was als Frucht ihrer Mühen, als Spur ihrer Erdentage fortbestehen wird. Der unerwartet plötzliche Tod des im 76. Lebensjahr am 29. Dezember verstorbenen Staatsministers a. D. Dr. Otto Boelitz macht uns diese publizistische Gewissenspflicht besonders schwer. Unsere Zeitung ist gezwungen, über sich selbst zu schreiben; denn der Mann, von dem wir nun für immer Abschied nehmen müssen, stand in des Wortes bestem Sinne in unserer Mitte. Seine hohe väterliche Gestalt, die Fülle seiner Lebenserfahrungen und die abgeklärte Weisheit seines Alters haben das Wesen dieser Persönlichkeit derart ausgeprägt, daß jeder, der mit Dr. Otto Boelitz zusammenarbeiten durfte, in ihm nicht nur Vorbild und Ansporn für sein berufliches Schaffen gefunden hat, sondern darüber hinaus einen verehrungswürdigen Freund und anteilnehmenden Berater in allen Lebensbereichen. Die plötzliche Leere des Platzes, den Dr. Otto Boelitz als Gründer und Seniorchef unserer Zeitung vom ersten Tage an mit nie erlahmender Schaffensfreude in unserer Mitte eingenommen hat, empfinden wir um so schmerzlicher, weil Redaktion und Verlag wissen, daß ihnen niemand ersetzen kann, was nur er ihnen geben konnte, ein Mann, der mehr als 50 Jahre an prominenter Stelle in der Bildungsarbeit seines Volkes gestanden hat, ein leitender Schulmann im Inund Ausland, ein bewährter Organisator des politischen Lebens, der preußische Kultusminister in den bewegtesten Jahren nach dem ersten Weltkrieg, dazu eine Persönlichkeit von ungewöhnlich hoher wissenschaftlicher und religiöser Bildung. Die Lebensdaten des Verstorbenen von seiner Wiege im Pfarrhaus zu Wesel über die Jahre seiner philosophischen und theologischen Studien in Berlin, Halle und Bonn bis zu den markanten Daten seines Wirkens als Leiter deutscher Studienanstalten im Ausland, als preußischer Landtagsabgeordneter von 1919 bis 1932, als Kultusminister von 1921 bis 1925 und als Vorsitzender bzw. Vorstandsmitglied verdienstvoller Organisationen, wie der Bühnenvolksbund, der Verein für Ärztliche Mission, der Verband für den Fernen Osten oder die Deutsch-Spanische und Ibero-Amerikanische Gesellschaft, sowie vor allem sein entschlossener Einsatz für den Wiederaufbau Deutschlands nach 1945, sind an dieser Stelle vor wenigen Monaten noch gewürdigt worden, als der 75jährige zu seinem Geburtstag am 18. April 1951 zahlreiche Ehrungen dankbarer Freunde empfing. Heute sei noch einmal seiner Verdienste um unsere Zeitung gedacht. Die für ihn entwürdigenden nationalsozialistischen Jahre hatten den 70jährigen nicht zermürbt. Auf dem festen Grund seiner Weltanschauung stehend, war er im Sommer 1945 ohne Zögern bereit, in die Reihen derjenigen einzutreten, die mutig einen neuen Anfang wagten. Daß es für ihn nur ein neuer Anfang im Geiste christlicher und demokratischer Ideale sein konnte, ist keine Frage angesichts der unbeirrbaren Treue, mit der er sich dem abendländischen Geisteserbe von Jugend an verpflichtet wußte. Aus diesem Grunde erklärt sich auch sein Entschluß in Westfalen die Christlich-Demokratische Union mitzugründen und nach sieben reich erfüllten Jahrzehnten als Publizist und Zeitungsgründer nochmals einen Lebensabschnitt zu beginnen. Er tat es in engster Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern als verantwortlicher Geschäftsführer, obwohl er gewußt hat, daß dieses sein Alterswerk in derart schweren und ungewissen Jahren reich an Arbeit und Sorgen werden müsse. Als Dr. Boelitz wenige Stunden vor seinem Tode die Arbeit aus den vorher nie erlahmenden Händen legte, durfte er es in der Gewißheit tun, die Jahre seines Alters einer guten Sache gewidmet und seine Tage mit der gleichen Treue zu den als echt erkannten Menschheitswerten beendet zu haben, die sein ganzes Leben geleitet hat. Das Vorbild des Verstorbenen bleibt unsere Verpflichtung. Wir können nichts Besseres tun, als in seinem Geist weiterzuarbeiten. Verlag und Redaktion." Anschließend möge auch das Gedenken an ihn zur Vollendung seines 75. Lebensjahres in Nr. 90 der gleichen Zeitung vom 18. 4. 1951 folgen: „Rückblick auf ein reiches Leben. Staatsminister a. D. Dr. Otto Boelitz 75 Jahre alt. Am 18. April vollendet Staatsminister a. D. Dr. Otto Boelitz sein 75. Lebensjahr. Ein Mann tritt über die Schwelle des Greisenalters, der seit Beginn dieses Jahrhunderts mit unermüdlicher Aktivität in der Bildungsarbeit seines Volkes und der europäischen Völkergemeinschaft gestanden hat. Wenn jemals der Satz berechtigt war, daß sich die junge Generation den Erfahrungsreichtum der alten zu eigen machen sollte, so hat dieser Satz seine besondere Berechtigung beim Altersjubiläum dieser Persönlichkeit, die den Bildungsweg des deutschen Volkes durch das ereignisreichste Halbjahrhundert seiner Geschichte von so hoher Warte und äußerster Ereignisnähe aus erfahren und auch erleiden durfte. Unsere Gegenwart ist nicht allzu reich an Persönlichkeiten, die in einer Zeit, als deren geistesgeschichtliches Kennzeichen der „Aufstand der Massen" bezeichnet worden ist, aus dem gesicherten Besitz des besten deutschen und christlichen Bildungserbes heraus so sehr in der Öffentlichkeit haben wirken können und dabei diesem Bildungserbe so treu geblieben sind wie er. Eben erst den Universitätsstudien in Berlin, Halle und Bonn durch seine theologischen und philologischen Examina enthoben, wandte sich der 25jährige bereits einer Aufgabe zu, die seiner späteren Lebensarbeit die entscheidende Richtung gab. Otto Boelitz ging als wissenschaftlicher Hilfslehrer an die Deutsche Schule nach Brüssel. Von kurzen Unterbrechungen abgesehen, hat seitdem die Arbeit dieses Schulmannes, der als siebentes Kind einer Pfarrerfamilie aus Wesel die beste Einführung in die Welt des Pädagogischen bereits im Elternhaus empfangen hatte, der deutschen Bildungsarbeit im europäischen Westen gegolten. Durch seine Promotion auf Grund einer bedeutsamen Arbeit auf dem Gebiet der neueren französischen Philosophie, als Studienrat in Brüssel und mit 33 Jahren als Direktor der Deutschen Schule in Barcelona war es ihm gegeben, tief in die allgemein-europäische Bildungswelt hineinzuwachsen. Sein Streben hat immer der Aufgabe gegolten, das Bildungsgut seines eigenen Volkes zu ihr in ein fruchtbares Verhältnis zu bringen. Als ein Ferienaufenthalt in Deutschland Dr. Boelitz beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges daran hinderte, nach Spanien zurückzukehren, übernahm er 1915 die Leitung des alten Archygymnasiums in Soest. Lebhaftes Eintreten für politische Fragen und für die demokratischen Aufgaben nach dem Ende des Krieges hatten zur Folge, daß er als Abgeordneter der Deutschen Volkspartei in den Preußischen Landtag gewählt wurde. Ihm gehörte er von 1919 bis 1932 an. Als Preußen 1921 vor der schwierigen Aufgabe stand, sein Bildungswesen den total gewandelten politischen Verhältnissen entsprechend zu reformieren, trat der erfahrene, über beste gesamteuropäische Schulkenntnisse verfügende Gymnasialdirektor als Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung unter Ministerpräsident Otto Braun in das Kabinett der Großen Koalition ein. Er verwaltete das hohe Staatsamt während der schwierigsten Nachkriegsjahre, wobei er seine Erfahrung nicht nur der Neuordnung des höheren Schulwesens, sondern auch der Verwirklichung einer volksnahen Grundschule aus christlichem Geist mit besonderem Nachdruck zur Verfügung zu stellen wußte. Nach seinen Ministerjahren (1921-1925) folgte eine noch weitere Ausdehnung des persönlichen Wirkens im Dienste europäisch-deutscher Bildungsarbeit. Im Auftrage des Deutschen Reiches besuchte er mehrfach Portugal und auch Spanien, dessen, Bildungswesen ihm besonders am Herzen lag. Im Jahre 1927 unternahm er, wieder auf Veranlassung des Reiches, eine ausgedehnte Reise durch Brasilien, Argentinien und Chile, um das kulturelle Leben dieser Länder persönlich kennenzulernen und dort vielen Stellen ein kenntnisreicher Berater zu sein. Eine umfassende organisatorische Tätigkeit als Vorsitzender des Bühnen-Volksbundes, des Verbandes für den Fernen Osten und des Vereins für ärztliche Mission sowie seine Tätigkeit im Vorstand der DeutschSpanischen Gesellschaft kennzeichnen seine Aktivität in den Jahren der Weimarer Republik. Wertvolle Verdienste erwarb sich der Staatsminister a. D., als er im Jahre 1929 im Auftrage des Preußischen Staates das Ibero-Amerikanische Institut in Berlin gründete, das sich auf einer Schenkung von einhunderttausend Bänden des argentinischen Gelehrten und Politikers Ernesto Quesada aufbaute und als Forschungsinstitut die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und den ibero-amerikanischen Ländern in schönster Weise pflegte. Die feste Verankerung des Politikers, Wissenschaftlers und Pädagogen Dr. Boelitz in christlicher und demokratischer Lebenshaltung wurde besonders deutlich, als er nach der Machtergreifung Hitlers sofort die Leitung des Ibero-Amerikanischen Instituts aufgab. Als er sich der Zumutung widersetzte, durch Eintritt in die NSDAP sein Amt als Präsident des Ibero-Amerikanischen Institutes zu erhalten, folgte als Antwort die totale Ausschaltung auf allen Gebieten des politischen und kulturellen Lebens für die Dauer der nationalsozialistischen Diktatur. Mit unvermindertem Einsatz widmete sich Dr. Boelitz während dieser Zeit in Wiesbaden jedoch kirchlichen Organisationsaufgaben. Im Zentralvorstand des Gustav-Adolf-Vereins und als Vorsitzender des Nassauischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung wirkte er bis in die letzten Jahre des zweiten Weltkrieges hinein. Den Zusammenbruch der Hitler-Diktatur erlebte Dr. Boelitz in Soest, von wo aus er sich im Jahre 1945, entschlossen und seinen nie verleugneten Grundsätzen treu, noch einmal politischer Aufbauarbeit zur Verfügung stellte. Gemeinsam mit anderen weitblickenden Persönlichkeiten gründete er im Herbst 1945 die Christlich-Demokratische Union Westfalens, in deren Reihen er zum Vorkämpfer vertrauensvoller Zusammenarbeit des evangelischen und katholischen Volkes im politischen Leben wurde. Vor zwei Jahren legte er seine politischen Ämter nieder, um dadurch jüngeren Kräften Platz zu machen. Gegen Ende des Jahres 1945 sah sich der nahezu Siebzigjährige vor eine Aufgabe gestellt, der seither seine Arbeitskraft im besonderen Maße gewidmet ist. Als im deutschen Westen neue politische Tageszeitungen ins Leben gerufen werden mußten, die auf dem dornenvollen Wege des deutschen Volkes zu demokratischer Ordnung und Freiheit wegweisend und helfend mitarbeiten sollten, wurde Minister Dr. Boelitz in das neu entstehende Pressewesen mit eingeschaltet und wurde so im April 1946 der Begründer der „Westfalenpost". Er hat dann in enger Zusammenarbeit mit seinem Schwiegersohn, dem früheren Justizminister und jetzigen Minister für Wirtschaft und Verkehr im Lande Nordrhein-Westfalen, Dr. Artur Sträter, die Zeitung aufgebaut und ausgebaut. Seit jener Zeit arbeiten diese Männer zusammen mit führenden Persönlichkeiten beider Konfessionen an dieser großen publizistischen Aufgabe. Wer in der Mitte dieses Jahrhunderts, des ereignisreichsten und schicksalsschwersten der deutschen Geschichte, auf ein derart randgefülltes Lebenswerk zurückblicken kann, verfügt über eine Summe von Lebenserfahrung und Lebenseinsicht, wie sie den 75jährigen eines Volkes in anderen Zeiten wohl selten zuteil geworden ist. Die jüngere Generation hat allen Grund, solchen Männern dankbar zu sein, wenn sie, allen Wirrungen und Irrungen der Zeit zum Trotz, ihren Idealen derartig treu geblieben sind wie der Jubüar des heutigen Tages. Sein Lebenswerk hat seit früher Jugend tinter dem hohen Leitmotiv christlich-deutscher Bildung, demokratischer Freiheit und nationaler Verantwortung im Dienste nicht nur des eigenen Volkes, sondern der größeren Völkergemeinschaft gestanden. Möge es ihm vergönnt sein, noch zu erleben, daß diese Ideale nach den schweren Erschütterungen der hinter uns liegenden Jahrzehnte unserem Volke und der Menschheit den Weg in eine glücklichere Zukunft sichern!
E.P."