Hugo Steup Gerichtsassesor zu Kirchen a. d. Sieg, zuletzt Hilfsrichter beim Kgl. Amtsgericht zu Selters und Leutnant der Reserve im Füsilier-Regiment v. Gerstorff Nr. 80. Am 31. März 1878 zu Marienberg geboren, besuchte er nacheinander die Volksschule zu Marienberg und die Humanistischen Gymnasien zu Montabaur und Dillenburg, welch' letzteres er Ostern 1897 mit dem Reifezeugnis verließ. Er widmete sich sodann an den Universitäten zu Tübingen. Göttingen und Marburg dem Studium der Rechtswissenschaft, bestand am 8. Dezember 1900 in Kassel die erste juristische Staatsprüfung, wurde Anfang Januar 1901 zum Referendar ernannt und nach Ablegung der großen Staatsprüfung am 11. Januar 1909 in Berlin, deren erster Versuch ihm Ende 1906 mißlungen war, zum Gerichtsassessor befördert. Als solcher wurde er vom 1. Februar 1909 ab dem Kgl. Amtsgericht zu Kirchen a. d. Sieg zur dienstlichen Verwendung überwiesen. Dort war er bis kurz vor seinem Tode beschäftigt. Zwischenzeitlich hatte er wiederholt Vertretungen von Rechtsanwälten übernommen, und im Sommer 1910 wurde ihm auf die Dauer eines Monats die Verwaltung des Kgl. Amtsgerichts zu Dierdorf übertragen. Zuletzt war er als Hilfsrichter beim Kgl. Amtsgericht zu Selters (Westerwald) tätig.
Das Patent zum Gerichtsassessor lautet:
"Im Namen des Königs.
Der Referendar Hugo Steup aus dem Bezirke des Oberlandesgerichtes in Frankfurt a. M. wird hierdurch auf Grund der bestandenen großen Staatsprüfung zum Gerichtsassessor mit dem Dienstalter vom 11. Januar 1908 ernannt. Es wird erwartet, daß er Seiner Majestät dem Könige und dem Königlichen Hause in unverbrüchlicher Treue ergeben bleiben und die ihm obliegenden Amtspflichten gewissenhaft erfüllen werde.
Urkundlich ausgefertigt unter dem Königlichen Siegel. Berlin, den 18. Januar 1909.
Der Justizminister: Beseler."
Seiner Militärpflicht genügte er als Einjährig-Freiwilliger vom 1. Oktober 1901 bis 30. September 1902 beim Füsilier-Regiment v. Gerstorff (Kurhessisches) Nr. 80 zu Wiesbaden1). Nach Ableistung der vorgeschriebenen Übungen wurde er bei dem genannten Regiment am 15. November 1904 allerhöchst zum Leutnant der Reserve befördert.
Das Offizierspatent hat folgenden Wortlaut:
"Nachdem Seine Königliche Majestät von Preußen pp.
Unser allergnädigster König und Herr resolviert haben, den Vizefeldwebel im Landwehrbezirk Limburg a. d. L.
Hugo Steup
zum Leutnant der Reserve der Infanterie in Gnaden zu ernennen und zu bestellen, so thun Allerhöchst Dieselben solches auch hiermit und in Kraft dieses Patents dergestalt, daß Seiner Königlichen Majestät und Dero Königlichem hohem Hause derselbe zuvörderst getreu, hold und gehorsam sein, seiner Charge gebührend wahrnehmen, was ihm zu thun und zu verrichten obliegt und aufgetragen wird, bei Tag und bei Nacht, zu Lande und zu Wasser, fleißig und treulich ausrichten, bei allen vorfallenden Kriegs-Begebenheiten sich tapfer und unverweislich verhalten, wie es seiner Eidespflicht gemäß ist, übrigens aber auch alle mit dieser Charge verbundenen Praerogative und Gerechtsame genießen solle. Des zu Urkund haben Allerhöchst Dieselben dieses Patent mit Dero Insiegel bedrucken und autorisieren lassen.
So geschehen und gegeben, Neues Palais, den 15. November 1904.
gez. Wilhelm".
Als Student und noch später als "Alter Herr" gehörte er dem Verein Deutscher Studenten" an und war ein kluger und lebensfroher Mensch, der sich allgemeiner Wertschätzung erfreute. Von hoher und schöner Gestalt - er maß 1,80 m - machte er sogleich durch seine äußere Erscheinung einen gewinnenden Eindruck. Dabei verstand er es, sich überall rasch beliebt zu machen, und besaß einen großen Freundeskreis. Gewiß hatte er menschliche Fehler und Schwächen, mußte aber auch manche Enttäuschungen und Widerwärtigkeiten erleben, die auf seinem Lebensgang und Gesundheitszustand nachteilig und ungünstig eingewirkt haben und dadurch wohl mit die Ursache zu seinem frühen Tod gewesen sind. In Limburg/Lahn, wo er einen Teil seiner Referendarzeit verbrachte, war ihm eine Liebelei mit einer Tochter des dortigen Ersten Staatsanwaltes, die ihn unfein behandelt und sich abfällig und geringschätzig über ihn bei anderen Personen ausgesprochen hatte, sehr nahe gegangen. Spätere Annäherungsversuche von ihr wurden von ihm abgelehnt und zurückgewiesen. Das alles mag neben anderen peinlichen Vorkommnissen dazu beigetragen haben, daß er mehr trank, als ihm gut und zuträglich war, wodurch er seinen Körper zerrüttete, der schließlich versagte. Ende Juni 1911 wurde er auf einem Spaziergang durch das Saynbachtal von einem Unwohlsein befallen und am 1. Juli 1911 oberhalb Stebach im Wald bei Dierdorf tot aufgefunden. Bei der gerichtsärztlichen Untersuchung der Leiche wurde eine bestimmte Todesursache nicht festgestellt; wahrscheinlich hatte ein Schlaganfall dem hoffnungsvollen Leben ein frühzeitiges Ziel gesetzt, da jede gewaltsame Todesart sowie Selbstmord ausgeschlossen waren.
Die Leiche wurde nach Marienberg übergeführt und dort unter großer Beteiligung der Bevölkerung von nah und fern am 5. Juli 1911 auf dem Friedhof daselbst zur letzten Ruhe gebracht.
Die Betzdorfer Zeitung schrieb darüber am 6. Juli:
"Kirchen, den 6. Juli 1911.
Der Kirchener Kriegerverein erwies gestern einem Offiziers-Mitglied, dem infolge eines Schlaganfalls verstorbenen Gerichtsassessor Hugo Steup, die letzten Ehren durch Entsendung einer Abordnung zu der in seiner Heimat Marienberg stattfindenden Beerdigung. Außerdem nahmen an derselben teil sämtliche abkömmliche Offiziere des Vereins in Uniform, der aufsichtsführende Richter und andere Beamte des hiesigen Amtsgerichtes, ferner andere Bürger von Kirchen und Betzdorf. Die Abordnung des Kriegervereins legte am Grab einen prachtvollen Kranz nieder. Der Verstorbene war zweieinhalb Jahre am hiesigen Gerichte als Hilfsrichter tätig und hatte acht Tage vor seinem Tode eine Vertretung am Amtsgericht Selters übernommen. Von einem Spaziergange, den er am Sonnabend, dem 24. Juni, von Selters unternommen hatte, ist er nicht zurückgekehrt. Am vorigen Sonntag, acht Tage nach seinem spurlosen Verschwinden, wurde er im Walde zwischen Großmaischeid und Stebach, etwa 3 Stunden von Selters entfernt, tot aufgefunden. Nach der gerichtsärztlichen Untersuchung ist als Todesursache Schlaganfall festgestellt worden, und Pfarrer Dekan Heyn, Marienberg, nahm auf diese Feststellung noch besonders Bezug, indem er die Eltern mit der Gewißheit tröstete, daß nicht eigene oder fremde, sondern Gottes Hand ihn aus diesem hoffnungsreichen Leben abgerufen. Das Schicksal des 33jährigen, beliebten Beamten, das Bild eines gesunden, kräftigen Mannes, findet bei der ganzen Bevölkerung tiefste Anteilnahme."
Damit hatte ein Leben geendet, das seinen Eltern viele Sorgen und manchen Kummer bereitet hatte. Er konnte in jungen Jahren leicht heftig werden und ließ sich in einem solchen gereizten Zustand blindlings zu Unbedachtsamkeiten hinreißen. Trotzdem bestand zwischen ihm und dem Verfasser, der ihm in späteren Jahren oft, wenn er in Geldverlegenheit war, ausgeholfen hatte, ein inniges Herzensverhältnis. Sein Bild als Leutnant der Reserve verehrte er ihm mit der Widmung:
"Gedenke nah, gedenke fern,
Gedenke meiner oft und gern,
Gedenke meiner noch am Grabe, m
Wie sehr ich Dich geliebet habe."
Hugo.
Er ruhe in Frieden!
Anmerkungen:
1) Das "Kurhessische Füsilier Regiment von Gersdorff Nr. 80" gehörte zur 42. Infanterie-Brigade der 21. Division im XVIII. Armee-Korps. Das XVIII. Armee-Korps war ein Großverband der Armee des Deutschen Kaiserreiches, das sein Hauptquartier in Frankfurt am Main hatte und zu Beginn des Ersten Weltkrieges der VII. Armee-Inspektion unterstellt war. Das Gebiet des XVIII. Armeekorps umfasste 1901 den Regierungsbezirk Wiesbaden und das Großherzogtum Hessen.