Monte Vista, 22. Januar 1893


Lieber Vater und Geschwister!

Euern Brief gestern erhalten und daraus ersehen, daß Ihr den Brief mit Wechsel erhalten habt.

Habe Carl am vorigen Samstag Antwort geschrieben.

Die Weihnachten und Neujahr sind bei uns schlecht verlaufen. Auguste ihr Sohn war krank an Scharlach und ist am Donnerstag vor Neujahr gestorben. Ich war vergessen, Euch ein gutes Neujahr zu wünschen, auch meine Onkeln war ich vergessen, doch wird das hoffentlich nichts machen. Man denkt nicht immer an alles.

Meiner Ansicht nach wäre es auch besser, wenn Robert und Carl hier wären, wir könnten dann Euch zusammen jeden Monat 15 Dollar schicken und könnten uns dann noch ein schönes Stück Geld weglegen, bis wir soviel hätten, daß Ihr auch herkommen könntet. Das würde dann nicht lange dauern.

Diesen Herbst werden wir ein neues Haus bauen. Es gibt ein einfaches Bretterhaus von Balken und Brettern, zwei Stockwerke hoch.
Damit Ihr etwas mehr Begriff davon habt, zeichne ich Euch es ein wenig auf. (Zeichnung)
Dieser ist auf das Dach gesehen. (Zeichnung)
Dieses ist die Form. (Zeichnung)
Und dieses ist die Seite. Es gibt nämlich ein T. (Zeichnung)
Das ist der Grundstein (gemeint = Grundriß, TAB.)
Es gibt das bloße Wohnhaus.
Nun will ich Euch den Grundstein (Grundriß, TAB.) vom Stall und Fruchtgebäude noch aufzeichnen. (Grundriß).
Das ist alles was ich Euch aufzuzeichnen habe. Hoffentlich werdet Ihr Euch einen ziemlich guten Begriff davon machen können.

Hinter dem Stall wird das Heu und die Frucht aufgesetzt im Sommer. Weiter unter dem Stall ist Heuland und hinter dem Haus noch eine halbe Meile weiter. Das Farmland ist bis eine halbe Meile über die Brücke hinaus. Die Stadt ist ungefähr 3 Meilen von hier.

Ich muß nochmals fragen, hat Ferdinand Kessler den Brief nicht erhalten und meine Schulkollegen. Ich warte nämlich vergebens auf Antwort.

Nächstens eine kleine Erinnerung wie Ihr mit dem Bauriß herausgekommen seid.

Berthas Brief hatte ich verloren und dadurch war es mir unmöglich darauf zu antworten. Warte auf Ihren nächsten Brief.

An Emma denke ich auch oft. Hoffentlich habt Ihr meine halbe Schuld bezahlt. Werde auch bald meine andere Hälfte schicken.

Hätte auch gerne Robert Weihnachten etwas geschickt, aber es war mir unmöglich.

Sonstige Neuigkeiten keine.

Herzlichen Gruß an Euch alle von

Euerem August

Beste Grüße an Onkel Carl, Friedrich und Ferdinand und Gote sowie alle meine Schulkollegen und Kolleginnen, Familie Hölzemann, Balzer und alle Bekannten!

Nochmals Gruß von

Euerm August

 

Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914

 

 

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