Monte Vista, den 26. Oktober 1893


Lieber Vater und Geschwister!

Euern Brief erhalten, worauf ich schon lange gewartet habe. Ich würde nicht gewartet haben, wenn wir nicht das Geld vor 2 Monaten geschickt hätten.

Wir haben ungefähr ein Drittel der gewöhnlichen Heuernte und die halbe Fruchternte. Onkel wird dieses Jahr nicht kommen wegen der schlechten Zeit.

Daß Robert freigekommen ist [vom Militärdienst], freut uns, möchte ich auch wissen, was er jetzt treiben will, und ob er und Karl den Plan noch nicht aufgegeben haben, ein Geschäft in Neunkirchen zu gründen. Wenn Robert jetzt hier wäre, so würden wir beide miteinander auf Entenjagd gehen. Daß Robert mir die versprochene Photographie geschickt hat, hat mich sehr gefreut. Er kann von mir Wilhelm Remy einen Gruß bestellen und sagen, daß ich noch immer auf einen Brief von ihm warte. Er schreibt, daß Gustav Becker geheiratet hat, aber woher hat er seine Frau genommen?

Sophie Schneider wird wohl wieder heiraten, wie immer, bis auf einmal der Kerl verschwunden ist und ihr noch was hinterläßt.

Den erwarteten Brief von meinen Schulkameraden noch immer nicht erhalten, bitte sie nochmals daran zu erinnern.

Hanna hat ungefähr sechs Wochen zurück einen Jungen bekommen.

Sonstige Neuigkeiten keine.

Was macht Großmutter noch? Beste Grüße an sie und Onkeln und Bekannte.

Herzlichen Gruß an Euch alle

Euer August

 

Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914

 

 

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