Denver Colo. Jan. 26. 1914
Lieber Vater und Schwestern!
Ihr werdet wohl schon lange vergebens auf das versprochene Geld gewartet haben, doch war es mir unmöglich, Euch etwas zu schicken bis heute. Habe Euch heute durch die Bank 50 Mark geschickt und hoffentlich werdet Ihr das Geld gesund und munter erhalten. Ich würde Euch gerne mehr geschickt haben, war aber nicht möglich, denn ich hatte meine November-Schulden von ungefähr 150 Dollar noch nicht bezahlt und wir hatten einen solchen Schneesturm, daß in meinem Geschäft beinahe gar nichts los war.
Die Aussichten hier sind jetzt ein wenig besser, und ich denke, daß die Zeiten im nächsten Frühjahr und Sommer ziemlich gut werden. Wir hoffen wenigstens so, denn die Zeiten waren so schlecht, wie sie nur werden konnten.
Das Wetter war hier diesen Winter nicht sehr kalt, etwas, wofür wir wenigstens dankbar sein können, aber der Schnee war schrecklich.
Louis geht es nicht sehr gut, hat beinahe alles im Geschäft verloren. Den anderen geht es sonst nicht schlecht, d. h. ganz gut, so wie die Zeiten jetzt sind.
Sonst weiß ich nichts mehr zu schreiben, was Euch interessiert.
So will ich schließen mit vielen Grüßen
Euer August.
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914