Hermann Steup wird am 7. Februar 1880 als Sohn des Karl Steup und seiner Ehefrau Amalie, geb. Winchenbach in Marienberg geboren. Der Schreinermeister heiratet am 5. November 1904 Anna Winchenbach, geb. am 27. Mai 1887, Tochter des Bäckers und Wirtes Carl Winchenbach und seiner Ehefrau Caroline, geb. Jung zu Marienberg.
Unser erster Chronist Emil schreibt über Hermann folgendes:
"Sein Lebenswandel war nicht immer einwandfrei. Mit Rücksicht auf die achtbare Familie unterblieb eine Erläuterung hierzu. Er galt sonst als tüchtiger Meister in dem erlernten Schreinerhandwerk, betätigte sich früher aktiv im Dienste der Marienberger Freiwilligen Feuerwehr und war auch ein Förderer des Marienberger Turnvereins, dem er von seiner Begründung ab (1902) als Mitglied angehörte. Dafür erhielt er bei der 50-jährigen Jubelfeier des Vereines am 13. August 1952 die goldene Ehrennadel. Deren Zuerkennung verpflichtet ihn zugleich zur weiteren ehrbaren Lebensführung. Im Volksmund wird er "Korle Schworzer" genannt."
Über das "Geheimnis seines Lebenswandels" berichtet am 16. Juni 1912 die Zeitschrift „Erzähler vom Westerwald“, ein Hachenburger Tageblatt das tägliche Nachrichten für die Gesamtinteressen des Westerwaldgebietes verbreitet, folgendes:
Der Desinfektor Steup wird beschuldigt, das er versucht habe seine Schwiegermutter zu vergiften. Er soll ihr dazu Sublimat1) in den Kaffee gemischt haben. Gerüchte besagten das ebenfalls sein Schwiegervater vor kurzem gestorben sei und das der Leichnam exhumiert werden soll um eine etwaige Vergiftung zu prüfen. | |
Am 18. Juni veröffentlicht die Zeitung eine Korrektur: Darin heißt es das die Witwe keine Witwe sei und der Schwiegervater doch noch lebt. Stattdessen sei vor kurzem der eigene Vater des Beschuldigten gestorben, allerdings nicht durch Gift sondern durch Schlaganfall. Das Ausgraben des Leichnams ist ebenfalls nicht mehr gefordert. Die eigentliche Meldung, dass er versucht hat seine Schwiegermutter zu vergiften stimmt allerdings, ebenso die erfolgte Verhaftung. |
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Ende Juni 1912 teilt der Landrat mit, dass der amtliche Kreisdesinfektor Hermann Steup aus Marienberg aus dem Amt entlassen worden ist. |
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Mitte November 1912 findet dann vor dem Schwurgericht in Limburg sein Gerichtsprozess statt. Sein Verteidiger ist der Rechtsanwalt Dr. Schaub.
Der Schreiner und Desinfektor Herman Steup wird beschuldigt am 11. Juni 1912 seiner Schwiegermutter Caroline Winchenbach Gift beigebracht zu haben, um sie an ihrer Gesundheit zu schädigen. Der Angeklagte wohnte mit seinen Schwiegereltern zusammen und war am Anfang ein recht solider Ehemann und versah seine Geschäfte als Kreisdesinfektor gut. Nach und nach verfiel er dem Schnapsteufel, vernachlässigte seinen Dienst, geriet deshalb in Streitigkeiten mit seinen Angehörigen und ergab sich dann völlig dem Trunke, sodass er aus sinem Amte entlassen werden musste. Am 11. Juli 1912 kam er gegen 2 Uhr nach Hause, zum Mittagessen war er nicht erschienen. Seine Schwiegermutter, die allein zu Hause war, setzte ihm in einer kleinen Kanne Kaffee vor und entfernte sich dann auf einige Minuten um nach dem Vieh zu sehen. Der Angeklagte nahm diesen Augenblick wahr, ging in die Küche und schüttete in den auf dem Herde stehenden Wasserkessel mit kochendem Wasser mehrere Sublimatpastillen. Er wusste das seine Schwiegermutter noch keinen Kaffee getrunken hatte und sie solchen zubereiten wollte. Der Angeklagte ging darauf aus dem Hause, kehrte aber nach einiger Zeit zurück und frug seine Schwiegermutter, ob sie von dem Wasser genommen und Kaffee getrunken habe. Frau Winchenbach bejahte dies, worauf er sagte, sie solle den Kaffee wegschütten. Er wollte es selbst tun, seine Schwiegermutter rief jedoch um Hilfe, worauf Nachbarn herbeieilten.
Der Angeklagte entfernte sich darauf und wurde bald nachher verhaftet. Er gab seine Tat zu und will 3-4 Tabletten in das Wasser geworfen haben. Sublimat ist eines der stärksten Gifte. Nur der Umstand, dass der Kaffee noch zu heiß war, rettete der Frau Winchenbach das Leben. Sie hat nur ganz wenig von dem Kaffee genommen. Der Angeklagte sagte, er habe seine Schwiegermutter nicht vergiften wollen, sondern er habe nur ein Übelwerden bei ihr veranlassen wollen. Die Geschworenen bejahten nur die Frage, ob er versucht habe, durch Gift seine Schwiegermutter an der Gesundheit zu schädigen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte 1 Jahr Zuchthaus. Das Gericht erkannte dagegen auf 1 Jahr 6 Monate Zuchthaus und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 3 Jahre.
Anmerkungen:
1) Sublimat, auch Quecksilber(II)-chlorid, ist eine farblose, kristalline, in Wasser mäßig lösliche, sehr giftige molekulare Verbindung.