Denver Colo. Jan. 12 1908
Lieber Vater und Schwestern!
Euern lieben Brief habe ich eine zeitlang zurück erhalten und will Euch heute antworten.
Ich bin soeben bei Dora und sie wird Euch auch etliche Zeilen schreiben.
Habe auch letzte Woche einen Brief von Schwager und Schwester Bertha aus Marienberg erhalten.
Von Emilie habe ich schon lange nichts mehr gehört und von Karl und Robert habe ich schon seit etlichen Jahren nichts gehört.
Ich bin seit 2 Monaten hier in Denver und arbeite bei Louis und seinem Partner im Geschäft, so eine Art Schlosserei. Ich werde vielleicht im Frühjahr wieder in die Berge gehen und auf einer Grube arbeiten, denn ich kann da mehr verdienen. Das Wetter ist hier sehr schön, wir haben noch keinen Schnee.
Hoffentlich habt Ihr Weihnachten gut verlebt und seid noch alle gesund, was bei mir auch noch der Fall ist. Unsere Verwandten sind auch noch alle gesund. Hatte auch einen Brief von Auguste und Tochter aus Monte Vista; sind auch noch gesund. Ich wollte zu Weihnachten hin, hatte aber zuviel Arbeit und blieb deshalb hier.
Es freut mich, daß es Bertha und Emilie gut geht und daß Dora ihre Stellung in Dillenburg gefällt. Ich muß ihr auch bald einmal schreiben. Sonst weiß ich weiter nichts mehr zu schreiben. Dora wird Euch das übrige noch schreiben, denn Frauen wissen immer mehr zu schreiben wie Männer. So will ich schließen mit vielen Grüßen.
Euer August.
Quelle: "Wir hatten ein schlechtes Schiff..." Briefe eines Westerwälder Amerika-Auswanderers 1892-1914