2 Auswanderer schreiben 40 Jahre nach ihrer Auswanderung einen Brief in die Heimat:

 

"Unsern Gruss zuvor!

Hertzgeliebter Bruder nebst, allen Gefreundten mit ihren Familien!

Seythdeme dass ich Anna Maria [Heger, geb. Müller] von euch auss Teutschland in America bin, ich niemahlen die Gelegenheit habe finden können, von meinem Leben und Beschaffenheit euch ein wenig zu berichten. Nachdeme aber nun ein guther Freund von der Pfaltz Nahmens Stephan Franck, ein Nachbahr von uns in die Pfalnz verreisset und in eurer Gegend zu thun hat, so habe nicht unterlassen können, um euch Gefreunde aufzusuchen und zu erfahren, wie es mit euch stehet. Berichte euch, das wir im Jahr 1710 zu Neujorg [New York] sind ankommen von unserer langen und beschwerlichen Reiss und daselbst in der Fremde mein Mann Henrich Heger an einer schnellen Kranckheit, da er mittag gesund und abens gestorben.

Das Söhnlein, wo uns in Teutschland gebohren, nahmens Henr. Heger, ist hier getraut und hat 11 lebendige Kinder.

Im Jahr 1711 habe ich wieder getraut. Mein jetz noch unter Gottes Gnaden lebender Mann Nahmens Johannes Müller von Rütershaussen aus dem Ambt Ebersbach, mit welchem in friedlich gesegneter Ehe erzeuget 5 Söhn und drey Dochter, welche der Herr bishero bey Leben erhalten, davon 4 Söhn und 2 Töchter getraudt.

Uebrigcns melde, dass, obschon der Zug und Anfang im Lande sehr schwer gefallen, so hat uns doch Gott gesegnet, eigen Land, Brod, Vieh und Nahrung beschehret, dass wir können leben und dem Herren nicht genung darfür dancken können, wünschen also nicht mehr, in euer verlassenes Egypten zu wohnen, sondern, wann wir wünschen könten, wolten lieber euch zu uns wünschen. Allein es ist Niemand zu rathen, dann die Reisse ist sehr beschwärlich und viel Ungemach unterworffen, dass Leben und Todt nicht weit von einander stehen.

Ich habe erfahren, dass die Fürstl. Nassauische Herrschafften wären ausgestorben bis Nassau-Ditz, möcht also von euch, liebsten Schwäger, Berichte haben, wer das Land hat und, ob es noch so sehr beschwerdt ist als damahlen.

Uns belangendt, so haben wir von allen teutschen Auflagen ein frey Land. [Man] gibt des Jahrs einmahl Tax, der so gering, dass mancher mehr im Zaphauss verdrinckt auf einmahl, dass des Jahres Tax ist. Was der Bauer erwirbt, ist gut vor ihn. Mann giebt kein Zehenden, kein Zoll, Jagen und Fischen ist auch frey, und unsser Land ist sehr fruchtbar mit allem Gewächs. Ich habe 100 Acker Land von der Cron und habe 100 Acker Land darzu gekaufft.

 

Liebe Brüder Johannes Jacob, Hellmes (?) Jacob und Stiffbruder Ebert Jung und mein lieber Bruder Hanss Henr. Müller, ich mögte gern wissen, wie lang meine Mutter todt ist, und ihr Schwager alle, berichtet uns doch mit Brief, wer noch lebet, wie eure Familien sind und, wie es um euer Wohlsein stehet, welches wir von Hertzen gern wissen möchten. Dieser Franck, wann er nicht selbst zu euch kommen solte, wird euch den Weg zeigen, wo ihr ihn Brieff einlieffern solt.

 

Lieber Vetter Hanss Jörg Müller, Thomas Müllers Sohn, ich mochte wissen, ob ihr lebet, ob es euch wohl gehet, und mit wem ihr getrauet seyd. Dass lasst mich wissen. Wir haben nun einander in 40 Jahren nicht mehr gesehen. Mögte wünschen, 2 oder 3 Wochen bey euch zu seyn, um euch zu behertzigen und Gute Nacht geben. Hin und ander Sach mehr zu schreiben, were zu viel und kan nicht wohl aufgesetz werden. Mochte wünschen, dass ihr und der Franck könten zusammenkommen, mehres zusprechen.

Uebrigens schliesse ich und wünsche euch alle 1000 Gute Nacht, ich, meine Frau und Kinder. Und alle guthe Freunde, die unsserer bekandt sind, sind zu 1000 mahlen gegrüsset und der Gnade Gottes anbefohlen.

 

Euer ergebenster Schwager und Freundt

Johannes Müller,

Barnetsfieldt in der Provinz Neujorg, Co[u]nti von Albani, 1749 Julj 10.

 

P. S. Ich bitte euch nochmahlen, um Gottes willen, last euch angelegen seyn und schickt mir gewiss Brieff, sonst ist mein Schreiben umsonst gethan, und weiss doch nichts um euch.

 

P. S. Conrad Müller ist zu [Neu]jorg mit seiner Frau gestorben. Lebet noch ein Sohn... Hartmann und Dan. Busch ist auch todt.

Liebe Schwäger, lasst meinen Bruder in Rüttershausen dass Schreiben wissen, damit er mir schreiben kann."

 

 

Quelle: leider verschludert

 

 

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